#22 So sollten sich Kantone und Gemeinden auf das BGEID vorbereiten
Das neue E-ID-Gesetz (BGEID) könnte bereits Anfang 2026 in Kraft treten und die E-ID zu diesem Zeitpunkt eingeführt werden. Das Gesetz verpflichtet Behörden und Stellen, die öffentliche Aufgaben erfüllen, bei welchen sie Bundesrecht vollziehen, die E-ID bei der Identifizierung von Bürgerinnen und Bürgern zu akzeptieren. Diese Akzeptanzpflicht ist spätestens zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes zu erfüllen. Für Kantone und Gemeinden bedeutet dies, dass sie sich frühzeitig auf die Umsetzung des BGEID vorbereiten müssen. Vier Aspekte sind wichtig.
Timur Acemoglu ist Rechtsanwalt und berät öffentliche Gemeinwesen in Fragen des E-Government-Rechts.
E-ID-Gesetz
Der Ständerat hat die letzten Differenzen in den Gesetzesbestimmungen zur staatlichen E-ID ausgeräumt. Die E-ID soll 2026 eingeführt werden. Die Schlussabstimmung fand am Freitag, 20. Dezember 2024 statt. Stände- und Nationalrat haben das BGEID verabschiedet.
Vom BGEID mit der dafür vorgesehenen Infrastruktur versprechen sich sowohl Behörden, als auch Nutzerinnen und Nutzer einen Schub bei der Digitalisierung von Behördenleistungen. Dafür ist aber seitens Behörden ein gewisser Initialaufwand notwendig, welchen es frühzeitig zu planen gilt, damit die Vorteile frühzeitig und ohne Abstriche genutzt werden können.
Worauf im Einzelnen zu achten ist
Überprüfung und Anpassung von Erlassen
Kantonale und kommunale Erlasse sollten darauf überprüft werden, ob der Wortlaut einen Identitätsnachweis in elektronischer Form zulässt. Sieht beispielsweise das kantonale oder kommunale Recht vor, dass eine Kopie des amtlichen Ausweises gemacht werden muss, dürfte dies die Anwendung der E-ID nicht zulassen. Die E-ID, so wie sie heute konzipiert ist, wird ausschliesslich auf dem Smartphone der Inhaberin oder des Inhabers vorhanden sein (dezentrale Datenspeicherung). Solche Formulierungen wären somit anzupassen, um eine Verwendung der E-ID zuzulassen. Grundsätzlich gilt: für vorbestehende Formulierungen gibt es keine (bundesrechtliche) Vermutung, dass die Nutzung der E-ID abgedeckt oder nicht abgedeckt ist. Die Vorschriften sind nach kantonalem bzw. kommunalem Recht auszulegen.
Bei einer solchen Überprüfung kann ebenfalls geprüft werden, ob und in welchem Umfang für eine bestimmte Aufgabe oder Leistung eine Identifikation überhaupt notwendig und angezeigt ist.
Ausstellung kantonaler Nachweise
Kantone und Gemeinden können die durch das BGEID geschaffene Vertrauensinfrastruktur zur Ausstellung und Verifikation eigener elektronischer Nachweise nutzen. Als Beispiel kann der im Rahmen eines Pilotprojektes seit Anfang April 2024 mögliche Bezug des elektronischen Lernfahrausweis im Kanton Appenzell Ausserrhoden dienen. Dabei müssen die Vorgaben des BGEID sowohl in Bezug auf das Verfahren, als auch betreffend Mindeststandards zu Datenschutz, Datensicherheit und Datensparsamkeit eingehalten werden. Seitens Kantone und Gemeinden sind die entsprechenden rechtlichen Grundlagen zu schaffen, insbesondere auch für die Nutzung der vom Bund zur Verfügung gestellten elektronischen Brieftasche «SWIYU», in welcher die Nachweise abgelegt werden können. Zudem ist gemäss BGEID sicherzustellen, dass die verwendeten Verfahren für den Bezug und die Verwendung elektronischer Nachweise für alle Menschen zugänglich sind.
Einführung des Authentifizierungsdienstes der Schweizer Behörden (AGOV)
Um mit der E-ID als elektronische Identität auf Dienste von Behörden zugreifen zu können, ist ein Authentifizierungsvorgang erforderlich: dabei verlangt eine Verifikatorin die Übermittlung der in der E-ID enthaltenen Personendaten, um die Identität der Person zu überprüfen, welche auf den Dienst zugreifen will. Der durch den Bund betriebene und auch den Kantonen und Gemeinden zur Verfügung stehende «Authentifizierungsdienst der Schweizer Behörden AGOV» ist eine solche Verifikatorin der E-ID und dient als «Behördenlogin», mit welchem die Nutzerinnen auf Behördendienste des Bundes sowie der angeschlossenen Kantone und Gemeinden zugreifen können. Sofern seitens der Gemeinwesen eine Verwendung von AGOV als Authentifizierungsdienst vorgesehen ist, sollte die Integration von AGOV in die Systeme rechtzeitig geplant werden.
Schulung von Personal
Die Mitarbeitenden von Kantonen und Gemeinden müssen für die Anwendung des BGEID und den Umgang mit elektronischen Nachweisen geschult werden.
Übrigens
Im Rahmen des von der DVS unterstützten Projektes «DVS4U» wird ein «Proof of Concept» zur Integration der E-ID in bestehende kantonale und kommunale Systeme entwickelt. Die Erkenntnisse fliessen in den Aufbau der E-ID-Vertrauensinfrastruktur ein.
Hinweis
Vorliegender Artikel basiert auf einem Inputreferat von Jean-Luc Froidevaux, Fachbereich Rechtsetzung in Digitalisierungsfragen RDI des Bundesamts für Justiz BJ, an der Sitzung der Interkantonalen Fachgruppe von E-Government Juristinnen und Juristen vom 4. November 2024. Der Artikel wurde mit eigenen Inhalten ergänzt.